Wie beeinflussen Düfte das Konsumentenverhalten?

Düfte, auch, wenn sie nicht bewusst wahrgenommen werden, beeinflussen langfristig und entscheidend das Wohlbefinden von Konsumenten und, damit einhergehend, ihr Konsumverhalten. Selbst nach dem Absetzen einer Beduftung in einer Konsumsituation bleibt ein Einfluss auf individuelle Bewertungen zeitweise erhalten.

 

Bereits seit über zwei Jahren pflegt management tools eine erfolgreiche Partnerschaft mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Die Konsumentenforscher Prof. Marko Sarstedt und Juniorprofessor Marcel Lichters vom Consumer Research Cluster der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg haben in Zusammenarbeit mit der Universität München und der University of South Florida erstmals die Langzeitwirkung von positiven, unbewusst verarbeiteten Düften auf die Bewertung von Serviceleistungen in realen Umgebungen untersucht. Juniorprofessor Marcel Lichters gewährt uns einen Einblick in diese spannende Studie und verrät uns, welche Auswirkung eine Beduftung – unter realen Bedingungen – auf das Konsumverhalten hat.

Interview: Andreas Logk

Hallo Marcel. Demnächst wird eine von Euch durchgeführte Forschungsstudie zum Einfluss von Düften auf die Wahrnehmung von Serviceleistungen im renommierten Journal of Service Research veröffentlicht. Was habt ihr in der Studie untersucht?

In der Studie haben wir untersucht, ob unbewusst wahrgenommene Düfte einen positiven Effekt auf die Bewertung von Serviceleistungen haben können. Die sensorische Marketingforschung hat schon lange das Potenzial von Duftkampagnen entdeckt. Bisher fand ein Grossteil der akademischen Forschung allerdings unter kontrollierten und olfaktorisch eher puristischen Bedingungen, z.B. im Labor, statt. Es stellte sich zu Beginn unserer Studie also die Frage, ob der Einfluss von Düften bisher vielleicht überschätzt wurde, da in Realanwendungen, etwa im Fitnessstudio oder auf Bahnfahrten, immer mit einer Vielzahl von störenden Einflüssen zu rechnen ist.

Wie seid ihr bei der Beantwortung dieser Fragestellung vorgegangen?

In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn Regio AG haben wir Zugabteile in unterschiedlicher Intensität beduftet. Den eingesetzten Duft, eine Mischung aus Jasminblüten, Melone und Veilchen, entwickelten wir zusammen mit einem Hersteller kommerzieller Duftlösungen und legten daraufhin die eingesetzte Konzentration fest. Fast 400 zugfahrende Pendler wurden anschliessend in mehreren aufeinanderfolgenden Studien während der Fahrt dazu befragt, wie sie die Luftqualität bewerten und ob Sie einen ungewöhnlichen Duft wahrnehmen würden. Die Probanden wurden erst im Nachhinein über die Manipulation aufgeklärt, um die Ergebnisse der Studie nicht zu verzerren. Es folgten weitere Experimente, bei denen insgesamt über 300 Zugfahrende ihre Bahnfahrt – beduftet und nicht beduftet – hinsichtlich der drei Servicekonstrukte Service Qualität, Service Erfahrung und Wahrgenommener Wert beurteilt haben.

Was habt ihr in der Studie herausgefunden?

Im ersten Teil der Untersuchung zeigte sich, dass die Luftqualität umso positiver bewertet wurde, je intensiver die – kaum wahrnehmbare – Beduftung war. Im zweiten Teil der Untersuchung konnten wir nachweisen, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Duftmanipulation und der positiven Bewertung der Serviceleistungen gibt. Düfte, auch, wenn sie nicht bewusst von den Konsumenten wahrgenommen werden, beeinflussen also langfristig und entscheidend deren Urteil über die erlebte Dienstleistung.

Düfte, auch, wenn sie nicht bewusst von den Konsumenten wahrgenommen werden, beeinflussen also langfristig und entscheidend deren Urteil über die erlebte Dienstleistung.

Und ein zufriedener Konsument, konsumiert auch mehr?

Richtig. Aus anderen Studien wissen wir beispielsweise, dass wenn ein Duft als kongruent zum Produkt wahrgenommen wird, das Produkt häufiger gekauft wird. Eine weitere Studie untersuchte das Einkaufsverhalten von Konsumenten in einer Buchhandlung, die beduftet wurde. Es konnte gezeigt werden, dass wenn ein Duft eine bestimmte Assoziation, wie beispielsweise „Kuchen“, hervorruft, mehr Rezeptbücher verkauft werden konnten. In der Duftforschung werden Düfte auch in kalte und warme Düfte eingeteilt. Eine Studie aus 2015 konnte aufzeigen, dass bei einer Beduftung mit warmen Düften (wie z.B. Vanille oder Zimt), mehr Premium-Produkte verkauft werden können.

Hat Eure aktuelle Studie noch weitere Erkenntnisse hervorgebracht?

Sehr spannend war es für uns zu sehen, dass selbst nach dem Absetzen einer Beduftung im Zugabteil, ein positiver Einfluss auf die individuellen Bewertungen erhalten blieb. Die positive Auswirkung des Duftes auf die wahrgenommene Serviceleistung entfaltet sich also auch dann, wenn die Beduftung abgesetzt wird. Dies ist zurückzuführen auf unbewusste Lerneffekte. Weiterhin beeindruckte es uns, dass die positive Wahrnehmung der Luftqualität linear anstieg mit der Intensität des Duftes (jedoch stets unterhalb des bewussten Wahrnehmens).

Marcel, vielen Dank für das Interview und die kurze Darstellung der Insights aus Eurer Studie.